„Burschen und Bomben”

Anhang B: Erkenntnisse des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs

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(VfSlg. 10705, G 175/84, 19.11.1985; VfSlg. 9648, B 195/82, 16.03.1983; 8951 G 91/78 B 453/78 25.10.1980 .)


VfSlg 10705:


§ 15 Abs. 5 Hochschülerschaftsgesetz 1973, BGBl. 309/1973 i.d.F. der Nov. BGBl.Nr. 141/1978, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.


Der VfGH ist in VfSlg. 8017/1977 (dieses Erk. hat zur Aufhebung des § 19 VStG 1950 i.d.F. BGBl. 275/1964 geführt) davon ausgegangen, daß eine Gesetzesbestimmung, die ausdrücklich Regelungen über einen bestimmten Gegenstand (dort: Anrechnung von Haftzeiten; hier: inhaltliche Prüfung von Wahlvorschlägen) nicht trifft, damit gleichzeitig bestimmt, daß die nicht geregelten Aspekte nicht berücksichtigt werden dürfen. Insofern stellt sich eine „Nichtregelung” als eine — zwar nur implizit getroffene, aber doch normative Regelung dar. Der VfGH hat diese Ansicht auch in weiteren Entscheidungen beibehalten (vgl. etwa VfSlg. 8533/1979, 8806/1980 und G 174/84 vom 5. März 1985) und sieht auch im vorliegenden Verfahren keinen Anlaß, von dieser Auffassung abzugehen.

Sie führt im vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis: Im § 15 Abs. 5 HSchG sind — in Verbindung mit den von dieser Bestimmung rezipierten Bestimmungen der Nationalratswahlordnung 1971 — die Wahlausschließungsgründe geregelt. Eine inhaltliche Prüfung der Wahlvorschläge darauf, ob es sich bei den Kandidierenden um Personen oder Gruppierungen handelt, die nationalsozialistisches, faschistisches oder antidemokratisches Gedankengut vertreten, ist nicht vorgesehen. Damit wäre gleichzeitig normiert, daß eine solche Überprüfung bei der Entscheidung über die Zulassung zur Wahl nicht stattzufinden hat. Es ist daher die genannte Bestimmung für die Entscheidung im verfassungsgerichtlichen Bescheidprüfungsverfahren präjudiziell.

Der VfGH kann seine vorläufige Annahme, daß die Regelung des § 15 HSchG eine nicht weiter trennbare normative Einheit bildet, die insgesamt ein Regelungssystem begründet, das im Widerspruch mit den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art. 9 Staatsvertrag von Wien und des § 3 VerbotsG i.d.F. Nationalsozialistengesetz zu stehen scheint, nicht weiter aufrecht erhalten. Es besteht zwischen der Regelung der Wahlausschließungsgründe im § 15 Abs. 5 HSchG und dem übrigen Regelungsinhalt des § 15 HSchG kein derart untrennbarer Zusammenhang, der es rechtfertigen würde, den gesamten § 15 HSchG als präjudiziell anzusehen.

Es ist daher das Verfahren betreffend § 15 Abs. 5 HSchG in der für das verfassungsgerichtliche Bescheidprüfungsverfahren maßgeblichen Fassung der Nov. BGBl. 141/1978, weil alle Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, zulässig. Das Verfahren hinsichtlich der übrigen Bestimmungen des § 15 HSchG ist wegen Fehlens der Päjudizialität aus den genannten Gründen einzustellen.

§ 3 VerbotsG muß auch von der Wahlbehörde beachtet werden.

§ 3 VerbotsG enthält ein unmittelbar wirksames, von jedem Staatsorgan im Rahmen seines Wirkungsbereiches zu beachtendes Verbot.

Mit Ausnahme des § 3d VerbotsG sind alle Straftatbestände in sich abschließend formuliert, nehmen nicht auf § 3 bezug und bedürfen auch keiner Ergänzung aus der Formulierung des § 3. Nichts spricht dafür, daß § 3 bloß ein Programm aufstellen will und seine Bedeutung sich etwa darin erschöpfen könnte, die in der Folge ausformulierten Straftatbestände einzuleiten oder stichwortartig zusammenzufassen. Es kann nicht unterstellt werden, daß § 3 nach Beseitigung des anschließenden Abs. 2 allen Straftatbeständen vorausgestellt blieb, nur um das in § 3d verpönte Verhalten vorweg näher zu umschreiben.

Auch ist auszuschließen, daß es seine Aufgabe sein könnte, die Gestaltung der einfachgesetzlichen Rechtslage zu bestimmen (Verfassungsauftrag). Das in § 3 VerbotsG verbotene Verhalten wäre im Gegenteil ohne Verfassungsverstoß einer einschränkenden Konkretisierung auf der Stufe genereller Normen gar nicht zugänglich.

Der Verfassungsgesetzgeber hat ganz bewußt alle zur Lösung des Nationalsozialistenproblems für erforderlich gehaltenen gesetzlichen Regelungen selbst getroffen (Heller–Loebenstein–Werner, Kommentar zu den NS–Gesetzen, 1948, 17: „Nur in der Kodifikation ist der gesamte Fragenbereich geregelt, für Sonderregelungen außerhalb des Rahmens des von der Kodifikation erfaßten Rechtsstoffes ist kein Platz.”). Novellierungen der getroffenen Regelungen sind nur durch Bundesverfassungsgesetz möglich, und zwar selbst dort, wo das durch die Regelungen novellierte Gesetz ein einfaches Bundesgesetz geblieben ist (XXI. Hauptstück des NationalsozialistenG Schlußbestimmungen — Z 2), und im Wege der Landesgesetzgebung können darüber hinausgehende Bestimmungen gegen Nationalsozialisten nicht getroffen werden (XXI. Hauptstück Z 3). Würde ein Gesetz aus dem Kreis der verbotenen Wiederbetätigung nur bestimmte Verhaltensweisen herausheben wollen, wäre es offenkundig verfassungswidrig. Selbst der allgemeine Straftatbestand des § 3g muß ohne nähere Konkretisierung durch ein einfaches Gesetz vollzogen werden. All das zeigt, daß § 3 über die Straftatbestände der §§ 3a ff hinaus Bedeutung hat. Sie liegt darin, daß er ausnahmslos jeden Akt der Wiederbetätigung für rechtswidrig erklärt.

§ 3 VerbotsG ist auch dann anwendbar, wenn das für die Behörde maßgebliche Gesetz seine Beachtung nicht ausdrücklich oder durch einen allgemeinen Vorbehalt der Rechtmäßigkeit des Vorhabens oder Begehrens vorschreibt. Als allgemeine Generalklausel steht dieses Verbot neben und über allen Einzelvorschriften.

Da § 3 VerbotsG in Sinngehalt und Anwendungsbereich umfassend ist, wäre es sinnlos, seine neuerliche Verkündung in jedem einzelnen Gesetz zu verlangen. Es ist eine Sache gesetzestechnischer Ökonomie, das Verbot der Mitwirkung an einer nationalsozialistischen Wiederbetätigung nicht in allen Zusammenhängen stereotyp zu wiederholen, sondern neben allen Einzelvorschriften mit umfassendem Anwendungsbereich gelten zu lassen. Der Rang des Verbotes als unmittelbar anwendbares Verfassungsrecht erübrigt einen ständig erneuerten Hinweis.

Insbesondere ist der Gesetzgeber nicht verhalten, das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung in Wahlgesetzen zu wiederholen oder besondere Vorschriften über die Vorgangsweise bei Verdacht einer Wiederbetätigung zu erlassen.

Das rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfassung steht der Annahme der unmittelbaren Anwendbarkeit des § 3 VerbotsG nicht im Weg. Denn jede Behörde hat § 3 VerbotsG nur in dem für die Bewältigung ihrer Aufgaben vorgesehenen rechtsstaatlich geordneten Verfahren zu beachten. Daß niemand ohne ordentliches Verfahren wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilt werden darf, kann kein Hindernis für die Feststellung einer Verbotsverletzung sein, wenn von dieser Vorfrage die Beachtlichkeit eines Vorhabens oder Begehrens abhängt. Denn anders als die Verurteilung hat eine solche Feststellung nur jene Rechtsfolgen, die Gegenstand des vor der Behörde jeweils durchzuführenden Verfahrens sind. Die Rechtsordnung darf auch dann der nationalsozialistischen Wiederbetätigung keine Unterstützung gewähren, wenn eine Verurteilung noch nicht ergangen ist. Im Bereich des Vereinswesens und Versammlungswesens steht das übrigens außer Streit. Nicht nur die Vereinsbehörde hat das Vorliegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung zu prüfen. Auch der Vorbehalt des § 1 Abs. 3 Parteiengesetz dient nur der Klarstellung, daß § 3 VerbotsG durch die nachfolgende Verfassungsbestimmung des ParteienG für diesen Bereich nicht aufgehoben wurde. Wie daher jede Behörde, wenn sie in den bei ihr anhängigen Verfahren inzidenter zu beurteilen hat, ob einer politischen Partei wegen Erfüllung der formellen Voraussetzungen des § 1 ParteienG Rechtspersönlichkeit zukommt, auch das Nichtvorliegen der durch § 3a VerbotsG untersagten Zielsetzungen feststellen muß (VfSlg. 9648/1983), so hat auch jede andere Behörde zu beurteilen, ob der ihrer Beurteilung unterliegende Akt dem VerbotsG widerspricht.

Angesichts des § 3 VerbotsG kann der VfGH der Meinung des VwGH (in VwSlg. 10231 A/1980), daß die gegen eine nationalsozialistische Wiederbetätigung gerichteten Vorschriften ohne Einfluß auf die Tätigkeit der Wahlbehörden wären, nicht beipflichten. Der Maßstab, den diese Behörden bei Entscheidung über die Zulässigkeit eines Wahlvorschlages anzuwenden haben, wird eben durch das dort ausgesprochene Verbot der Wiederbetätigung ergänzt. Ob eine solche Ergänzung anzunehmen ist, kann nicht aus den — vom VwGH allein herangezogenen — Bestimmungen des Hochschülerschaftsgesetzes (und der an das Gesetz gebundenen Durchführungsverordnung), sondern nur aus dem für eine solche Ergänzung in Betracht kommenden VerbotsG entnommen werden, dessen nähere Betrachtung der VwGH ausdrücklich ablehnt.

Fraglich kann nur sein, ob die der Behörde kraft ihrer allgemeinen Aufgabe zur Verfügung stehenden Mittel jeweils ausreichen, um das Vorliegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung in dem ihr vorliegenden Geschehen verläßlich feststellen zu können. Diese Frage ist aber nur im konkreten Fall zu beantworten.

Art. 26 Abs. 5 B–VG steht der unmittelbaren Anwendbarkeit des § 3 VerbotsG nicht entgegen. Die Zurückweisung eines Wahlvorschlages wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung ist der Ausschließung von der Wählbarkeit im Sinne dieser Bestimmung des B–VG nicht gleichzuhalten.

Nach Art. 26 Abs. 5 B–VG kann die Ausschließung vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung oder Verfügung sein. Unter der Ausschließung vom Wahlrecht oder von der Wählbarkeit im Sinne dieser Verfassungsbestimmung ist ein Akt zu verstehen, der ein bestehendes Wahlrecht aus Gründen in der Person oder im Verhalten des einzelnen Wahlberechtigten ganz oder auf bestimmte Zeit entzieht. Nicht jede Zurückweisung eines Wahlwilligen oder Wahlwerbers fällt unter diesen Begriff. So ist die Nichtzulassung eines Wahlvorschlages wegen Fehlens einer im Wahlgesetz vorgesehenen Voraussetzung ungeachtet ihrer Auswirkungen ganz offenkundig kein solcher Ausschluß von der Wählbarkeit: sie ist vielmehr die ureigenste Aufgabe der Wahlbehörden. Einer solchen Voraussetzung ist kraft § 3 VerbotsG gleichzuhalten, daß die Wahlwerbung keinen Akt nationalsozialistischer Wiederbetätigung darstellen darf. Ob die positiven und negativen Voraussetzungen der Teilnahme an einer bestimmten Wahl erfüllt sind, haben auch dann, wenn vergleichsweise materielle Fragen zu prüfen sind, nicht die Gerichte, sondern die Wahlbehörden zu beurteilen.

Die Wahlbehörden haben allerdings nicht das allgemeine Verhalten der Bürger zu prüfen. Es käme einem unzulässigen administrativen Ausschluß vom Wahlrecht oder von der Wählbarkeit gleich, wenn ein Wahlvorschlag deshalb zurückgewiesen oder jemand vom Vorschlag gestrichen würde, weil Wahlwerber sich entgegen dem Verbot des § 3 VerbotsG betätigt haben oder eine solche Betätigung nach der Wahl zu befürchten ist. Die Fähigkeit zu wählen oder gewählt zu werden, darf als solche nur durch gerichtlichen Akt genommen werden. Daher darf auch niemand allein deshalb von der Beteiligung an Wahlen ausgeschlossen werden, weil ihm nationalsozialistische Wiederbetätigung zur Last gelegt wird. Ein solcher Vorwurf könnte sich auf das Wahlrecht nur dann auswirken, wenn eine Verurteilung erfolgt ist, die den Ausschluß vom Wahlrecht nach sich zieht.

Anders aber, wenn das Einbringen des Wahlvorschlages selbst einen Akt nationalsozialistischer Wiederbetätigung darstellt. Denn dann wäre die Zulassung dieses Wahlvorschlages — objektiv gesehen — entweder eine Mitwirkung an einer solchen Wiederbetätigung oder doch die Nichtverhinderung eines solchen Vorhabens. Zu einem Verhalten, das von Verfassungs wegen ausdrücklich verboten ist und jedermann als Verbrechen zugerechnet wird, kann die Wahlbehörde auch angesichts des Art. 26 Abs. 5 B–VG nicht verpflichtet sein. Sie darf sich in einem solchen Fall nicht mit der Anzeige begnügen, sondern muß durch Zurückweisung des Wahlvorschlages verhindern, daß der Wiederbetätigungsversuch auch nur vorläufig Erfolg hat. Daß ein nationalsozialistisch ausgerichteter Wahlvorschlag zugelassen werden müßte und erst die Verurteilung wegen Wiederbetätigung — unter Beachtung allfälliger Immunität — den Erfolg einer solchen verpönten Wahlwerbung zunichte machen könnte, ist dem Verfassungsgeber der Nachkriegsjahre nicht zusinnbar.

Nur ein der Wahlbehörde evidenter oder mit ihren Mitteln innerhalb des eng begrenzten zeitlichen Rahmens offenzulegender — liquider Verstoß gegen § 3 VerbotsG, begangen durch Einbringung des Wahlvorschlages selbst (wenngleich unter Heranziehung der begleitenden Wahlwerbung), kann — und muß — schon im Wahlverfahren aufgegriffen werden.

Da nach Art. 17 MRK keine Bestimmung dieser Konvention dahin ausgelegt werden darf, daß sie für den Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, die auf die Abschaffung der darin festgelegten Rechte und Freiheiten oder auf weitergehende Beschränkungen dieser Rechte und Freiheiten hinzielt, als darin vorgesehen, kann die Nichtzulassung eines nationalsozialistischen Wahlvorschlages entgegen der Auffassung der „Aktion Neue Rechte” — auch keinen Verstoß gegen die in Art. 3 des (1.) Zusatzprotokolls zur MRK verankerte Pflicht zur Abhaltung freier Wahlen bilden.

Der VfGH ist im Prüfungsbeschluß davon ausgegangen, daß das geltende Hochschülerschaftswahlrecht der Behörde verbiete, die Frage zu prüfen, ob die Kandidatur einer wahlwerbenden Gruppe dem verfassungsgesetzlichen Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung widerspreche. Diese Prämisse hält einer näheren Prüfung nicht stand. § 3 VerbotsG muß auch von der Wahlbehörde beachtet werden.

Legt man dieses Verständnis des § 3 VerbotsG zugrunde, ist den im Prüfungsbeschluß aus dieser Verfassungsbestimmung abgeleiteten Bedenken der Boden entzogen. Insbesondere ist der Gesetzgeber nicht verhalten, das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung in Wahlgesetzen zu wiederholen oder besondere Vorschriften über die Vorgangsweise bei Verdacht einer Wiederbetätigung zu erlassen.

Was Art. 9 Staatsvertrag von Wien betrifft ..., ist festzuhalten, daß die Erfüllung des in Z 1 ausgesprochenen Gebotes ... durch die in Prüfung stehende Vorschrift des § 15 Abs. 5 HochschülerschaftsG 1973 angesichts der unmittelbaren Anwendbarkeit des § 3 VerbotsG nicht in Frage gestellt wird.

Die in Z 2 enthaltene Pflicht zur Auflösung aller in Österreich bestehenden Organisationen faschistischen Charakters, und zwar sowohl politische, militärische, paramilitärische als auch alle anderen Organisationen, welche eine irgendeiner der Vereinten Nationen feindliche Tätigkeit entfalten oder welche die Bevölkerung ihrer demokratischen Rechte zu berauben bestrebt sind, kann in Vollziehung des § 3 VerbotsG jedenfalls insoweit erfüllt werden, als diese Verfassungsbestimmung auch die bloße Betätigung für die Ziele der NSDAP untersagt (und in Übereinstimmung mit Z 3 des Art. 9 durch die §§ 3a ff VerbotsG strafrechtlich sanktioniert ist). Der VfGH geht davon aus, daß Art. 9 Z 2 Österreich nicht verpflichtet, sein Wahlrecht so auszugestalten, daß irgendwelche möglicherweise sich bildende — von § 3 VerbotsG nicht erfaßte — faschistische Organisationen deshalb von der Teilnahme an Wahlen ausgeschlossen werden, weil die Wahlbehörden Wahlvorschläge allein aufgrund einer allgemeinen Generalklausel derart vagen Inhaltes zurückweisen müßten.

Der Gerichtshof geht daher davon aus, daß die Bestimmungen über den Ausschluß vom Wahlrecht aufgrund einer gerichtlichen Verurteilung in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften des Strafrechtes den Erfordernissen des Staatsvertrages auch in diesem Punkt genügen.

Dieses Ergebnis wird auch durch die Entstehungsgeschichte des Art. 9 Staatsvertrag von Wien bestätigt.

Daß die tatsächlichen Verhältnisse sich derart geändert hätten, daß über § 3 VerbotsG hinaus Maßnahmen für den Bereich des Wahlrechtes zu treffen wären, hat das Verfahren nicht aufgezeigt.



VfSlg 9648:


Der Bf. trat im Administrativverfahren als Gründer der politischen Partei auf, deren Satzungen zu hinterlegen die bel. Beh. verweigert hat.

Der Bescheid greift sohin in subjektive Rechte des Bf. ein. Er ist beschwerdelegitimiert.

Weder aus dem Wortlaut des Parteiengesetzes noch einer anderen Rechtsvorschrift (die dem § 1 Abs. 3 erster Satz ParteienG zufolge auf Verfassungsstufe zu stehen hätte) ergibt sich eine Befugnis des Bundesministers für Inneres oder einer anderen Behörde, — aus welchen Gründen immer — die Hinterlegung der Satzung zu verweigern oder sonstige, auf die Gründung der politischen Partei bezughabende, allgemein verbindliche Verfügungen oder Feststellungen zu treffen.

In die vom Verfassungsgesetzgeber gewährleistete Parteiengründungsfreiheit darf demnach kein Organ der Vollziehung, also weder ein Gericht noch eine Verwaltungsbehörde, eingreifen.

Daraus folgt, daß alle Verwaltungsbehörden und alle Gerichte für Zwecke der bei ihnen anhängigen Verfahren incidenter zu beurteilen haben, ob die Behauptung einer dort auftretenden Personengruppe, als politische Partei Rechtspersönlichkeit zu besitzen, zutrifft oder nicht.

Der Bundesminister für Inneres hat durch die bescheidmäßige Verweigerung der Hinterlegung der Satzung einer politischen Partei eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch genommen. Der Bf. wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid im verfgesgew. Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl. z.B. VfSlg. 8828/1980). Der bekämpfte Bescheid war daher aufzuheben.



VfSlg 8951:


Der Bf. hat seit dem Jahr 1973 bis zum 10. Oktober 1980 insgesamt 192 Anträge, Beschwerden und Klagen beim VfGH eingebracht.

Aus dem Gesamtverhalten des Antragstellers und Bf. in den vergangenen Jahren ergibt sich, daß er nicht deshalb so außerordentlich häufig an den VfGH herantritt, um Rechtsschutz zu erhalten, sondern um einerseits rechtswissenschaftliche Experimente anzustellen und um andererseits — wie der Antragsteller und Bf. wiederholt hervorgehoben hat — „den Zusammenbruch der Steuererhebung nach kapitalistischen Besteuerungsgrundsätzen” (siehe z.B. im Verfahren B 453/78) und „den Zusammenbruch unseres gegenwärtigen kapitalistisch–faschistischen Regimes” (siehe z.B. im Verfahren B 454, 455/78) herbeizuführen. Die Anträge und Beschwerden dienen somit nicht der Erzielung eines Zweckes, dessen Schutz durch die Anrufung des VfGH erreicht werden kann.

Die Anträge und Beschwerden sind daher mangels Legitimation des Antragstellers und Bf. zurückzuweisen.






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